Hochqualifizierte – Sind Frauen tatsächlich schlechter gebildet?

Die Schere zwischen den Einkommen von Frauen und jenen von Männern ist in Österreich deutlich größer als in vielen anderen Ländern. Auch der Anteil von Frauen in Führungspositionen ist – sowohl in Unternehmen als auch in politischen Funktionen – noch immer relativ gering. Ist dieser große „Gender Gap“ aber tatsächlich noch immer primär auf die schlechtere Qualifikation der Frauen im Vergleich zu den Männern zurückzuführen?

Zumindest bei der akademischen Ausbildung haben die Frauen in den letzten 50 Jahren rasant aufgeholt. Ab den Geburtsjahrgängen 1980/81 schließen mehr Frauen als Männer ein Studium ab. Mittlerweile liegt der Anteil der Frauen unter den Studierenden an den österreichischen Universitäten bei fast zwei Drittel. Dieser Widerspruch zwischen der hohen Zahl an akademisch gebildeten Frauen in Österreich und dem konstant hohen Gender Gap beim Einkommen und bei Führungspositionen bietet viele spannende Anknüpfungspunkte zum Weiterforschen.

Die Karte

Junge Frauen sind heute in einem höheren Maß akademisch gebildet als junge Männer – besonders groß ist die Geschlechterdifferenz am Land. In allen österreichischen Regionen leben viele sehr gut gebildete junge Frauen, deren Potenzial sowohl am regionalen Arbeitsmarkt als auch in politischen Entscheidungsstrukturen verstärkt genutzt werden sollte.

Junge Frauen sind heute in einem höheren Maß akademisch gebildet als junge Männer - besonders groß ist die Geschlechterdifferenz am Land. In allen österreichischen Regionen leben viele sehr gut gebildete junge Frauen, deren Potenzial sowohl am regionalen Arbeitsmarkt als auch in politischen Entscheidungsstrukturen verstärkt genutzt werden sollte.

Der Genderindex setzt die Anteile an Frauen und Männern in Beziehung zueinander. Ein positiver (roter) Wert zeigt, dass der Anteil an Frauen mit einem akademischen Abschluss höher ist als jener der Männer. Je höher der Genderindex ist, umso stärker unterscheiden sich die Anteile.

Die Anteile an akademisch Gebildeten steigen bei den Männern von den Älteren zu den Jüngeren sowie regional relativ kontinuierlich. Noch stärker und flächendeckender wirkt sich der Bildungsboom bei den Frauen aus.

Bei den Älteren liegt der Anteil an hoch gebildeten Frauen in allen Regionen unter, bei den Jüngeren über jenem der Männer. Besonders groß ist die Geschlechterdifferenz mittlerweile in den ländlichen Regionen.

Genderindex für Altersgruppe
Lade Daten...
Klick auf Wien zeigt Detailkarte für Wiener Gemeindebezirke.
In allen Bezirken liegt der Anteil der Akademikerinnen bei den 25- bis 34-Jährigen Frauen über 10%. Besonders hohe Anteile finden sich in den Städten sowie im Stadtumland.
Bei den 25- bis 34-Jährigen Männern ist eine ausgeprägte regionale Differenzierung ersichtlich: In vielen ländlichen Bezirken liegt der Anteil der Akademiker weiterhin deutlich unter 10%. In den Städten sind die Anteile zwar höher als in ländlichen Regionen, aber dennoch deutlich geringer als jene der Frauen.
Kein Bezirk Österreichs weist einen negativen Wert für den Genderindex auf, da der Anteil der Frauen mit einem akademischen Abschluss flächendeckend höher ist als jener der Männer. Auch in absoluten Zahlen gibt es in allen Bezirken heute mehr junge Frauen als Männer, die eine tertiäre Ausbildung absolviert haben.

Wien und die Landeshauptstädte weisen einen niedrigen Wert für den Genderindex auf, da die Anteile an sehr gut Gebildeten in den großstädtischen Regionen bei Frauen und Männern sehr hoch sind und sich nur wenig unterscheiden. Große Differenzen zeigen sich hingegen in vielen ländlichen Regionen: Im Waldviertel, in Teilen der Steiermark, Kärntens und des Burgenlandes ist der Anteil der gut gebildeten jungen Frauen bis zu doppelt so hoch wie jener der Männer.

In dieser Altersgruppe sind in weiten Teilen Österreichs die Anteile der Frauen und Männer, die über einen akademischen Abschluss verfügen ähnlich hoch. In einigen Bezirken jedoch sind ausgeprägte Unterschiede erkennbar: so übersteigt beispielsweise der Anteil der Frauen mit Universitätsabschluss im Bezirk Völkermarkt jenen der Männer um etwa 70%. Im Westen Österreichs und im Wiener Umland unterscheiden sich die Anteile der AkademikerInnen nur wenig – in vielen Bezirken im Osten Österreichs sind die Anteile der Frauen jedoch deutlich höher als jene der Männer.
Der Gender-Index für die Anteile der AkademikerInnen an der älteren Wohnbevölkerung zeigt vor allem in den westlichen Bezirken eine starke Ungleichstellung der Frauen: hier übersteigt der Anteil der Männer mit einem akademischen Abschluss jenen der Frauen um mehr als 50%. In großen Teilen Österreichs sind die Anteile ähnlich hoch, nur in zwei Bezirken liegt der Anteil der Frauen in dieser Altersgruppe über jenem der Männer.
Datenstand 2011. Quelle: STATcube – Statistische Datenbank von STATISTIK AUSTRIA, eigene Bearbeitung. Kartendaten: OpenStreetMap und Mitwirkende
Verwendung: Kartenbild & Texte CC-BY 3.0 AT / Namensnennung: genderatlas.at

Themenfeld Hochqualifizierte – Sind Frauen tatsächlich schlechter gebildet?

  • In den Karten im genderATlas sind nur die Veränderungen im Anteil derjenigen Frauen und Männer dargestellt, die eine akademische Ausbildung abschließen. Spannend wäre es zusätzlich zu untersuchen, wie sich die Anteile derjenigen verändert haben, die keine über den Pflichtschulabschluss hinausgehende Ausbildung haben. Erstelle analog zu den Karten für Hochqualifizierte auch Karten für den Anteil an PflichtschulabsolventInn/en. Wie du das tun kannst, wird dir bei den Forschungsmethoden erläutert.
  • Lade dir aus der Datenbank STATcube der Statistik Austria genauere Daten zu den Bildungsabschlüssen von Frauen und Männern in deinem Bundesland (oder deinem Bezirk). Achte bitte auch hier darauf, die Daten gezielt nach Altersgruppen abzufragen. Wähle eventuell nur eine ‚große‘ mittlere Altersklasse aus, falls du Daten auf Bezirksebene abfragst. Die Fallzahlen werden sonst sehr gering. Bereite die Daten so auf, dass Unterschiede in den berufsbezogenen Bildungsabschlüssen zwischen Frauen und Männern sichtbar werden.
  • Recherchiere, welche Bildungsabschlüsse die Männer und Frauen in deinem persönlichen Umfeld in den verschiedenen Generationen haben. Lassen sich hier Muster erkennen, die sich auch in den Karten im genderATlas wiederfinden?
  • Du könntest auch eine Umfrage an deinem Schul- oder Wohnstandort zum Bildungsabschluss nach Alter und Geschlecht durchführen. Erfrage dabei nicht nur die Höhe sondern auch die genaue Art des Bildungsabschlusses. Versuche dann eine Darstellung, wie sich die berufsbezogene Ausbildung bei Frauen und Männern über die Generationen verändert hat. Beachte bitte die Tipps zur Durchführung einer Kurzumfrage bei den Forschungsmethoden.
  • Der Erwerb eines akademischen Titels bedeutet nicht automatisch, dass man auch eine Beschäftigung findet, die der Ausbildung entspricht. Was kommt nach dem Abschluss? Inwiefern deckt sich die hohe Akademikerinnenquote mit dem Anteil von Frauen in Führungspositionen großer Unternehmen? Wirf einen Blick auf die Beschäftigungsstruktur großer österreichischer Unternehmen, von Universitäten und Forschungseinrichtungen, von Ministerien sowie der öffentlichen Verwaltung und dokumentiere die Anzahl der Frauen in Führungspositionen.
  • Schaue dir die Karten zu den Anteilen von Frauen und Männern mit tertiärem (akademischem) Abschluss im Beitrag Hochqualifizierte an. Welche Muster lassen sich über die Altersklassen hinweg erkennen? Welche Unterschiede im Vergleich von städtischen und ländlichen Regionen fallen dir auf? Wie sieht die Entwicklung in deinem Wohn- bzw. Schulbezirk aus? Überlege ob es Sinn macht würde, auch Daten für die unter 25-Jährigen auszuweisen.
  • Falls du selbst – wie vorgeschlagen – Karten für den Anteil von Frauen und Männern mit (nur) Pflichtschulabschluss erstellt hast: Achte auch bei der Interpretation dieser Karten speziell auf die Veränderung in den räumlichen Mustern bei Frauen und Männern über die Altersklassen (Generationen). Spannend ist es auch, die räumlichen Muster bei den PflichtschulabsolventInnen mit jenen bei den gut Gebildeten zu vergleichen. Hier würden wir dir vorschlagen, diesen Vergleich – zumindest in einem ersten Schritt – auf deinen eigenen Heimatbezirk oder zumindest dein Heimatbundesland einzuschränken.
  • Wenn du dir Daten für detailliertere Bildungsabschlüsse von 2 Bundesländern (oder 2 Bezirken) heruntergeladen hast, kannst du die Unterschiede in diesen vergleichend interpretieren. Überlege dir, welche Arbeitsmarktstrukturen für die Unterschiede verantwortlich sein könnten.
  • Wenn du selbst eine Umfrage durchgeführt hast: Setze die Veränderungen die du über die Generationen hinweg feststellen konntest zu den historischen Veränderungen im Bildungs- und Arbeitsmarktbereich in Beziehung. Noch spannender wird es, wenn du dir zusätzlich zu den Bildungs- auch die Berufskarrieren anschaust. Wie eng sind diese bei den verschiedenen Generationen miteinander verbunden?
  • Schaue dir vergleichend die regionalen Verteilungen im Beitrag zu den Hochqualifizierten und im Beitrag zur Einkommensschere an. Analysiere, inwiefern die Einkommensschere in den Regionen, in denen es deutlich mehr Frauen als Männer mit tertiärem Bildungsabschluss gibt, tatsächlich kleiner ist als in jenen, in denen der Unterschied nicht so groß ist. Überlege, wieso die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern auch in Regionen groß ist, in denen es viele sehr gut gebildete Frauen gibt. Du kannst in diese Überlegungen auch die Entwicklung der Teilzeitquoten einbeziehen.
  • Vergleiche die Karten im Beitrag Bürgermeisterinnen mit den Karten im Beitrag zu den Hochqualifizierten. Häufig wird argumentiert, dass es in vielen Regionen keine ausreichend qualifizierten Frauen gäbe, die politische Führungspositionen übernehmen könnten. Stimmt das tatsächlich? Konzentriere dich bei der Argumentation auf die Altersklasse der 35-54-Jährigen.
  • Diskutiere die Frage, inwiefern und in welchen Bereichen in Österreich noch immer von einer „Gläsernen Decke“ zu sprechen ist? Beziehe dich dabei auf den Anteil von Frauen auf den verschiedenen Hierarchiestufen in großen Unternehmen, in Universitäten, in Ministerien, in der Verwaltung.
  • Eine Möglichkeit, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, sind Frauenquoten. Recherchiere die aktuelle Gesetzeslage und deren Umsetzung in Österreich. Schaue dir zusätzlich die Positionen der verschiedenen Parteien an. Recherchiere auch Argumente Für und Wider Frauenquoten – und von wem diese vorgebracht werden. Dazu eigenen sich eventuell auch Medienanalysen. Führe eine kritische Diskussion des Für und Wider von Frauenquoten. Stelle immer auch dar, aus wessen Position bestimmte Argumente vorgebracht werden.
  • Schreibe einen Zeitungsartikel zur Veränderung der Bildungsstrukturen in deiner Region. Schicke diesen auch tatsächlich an die Redaktion einer regionalen Zeitung.
  • Fasse deine Recherchen zur Veränderung der Bildungsstrukturen in deiner Region so zusammen, dass du sie einer breiteren Öffentlichkeit präsentieren kannst. Überlege dir vorher, für welches Zielpublikum eine derartige Präsentation tatsächlich spannend sein könnte und richte die Präsentation dann auch auf dieses Zielpublikum aus.
  • Überlege dir eine andere Form der Sichtbarmachung deiner Ergebnisse und der Anliegen, die du aus diesen ableitest. Wie wäre es mit Interventionen im öffentlichen Raum – auch mit künstlerischen Mitteln? Wie wäre es mit einem Kabarett zum Thema?
  • Überlege, wie der Anteil von Frauen in Führungspositionen erhöht werden könnte. Welche Maßnahmen – zusätzlich zu Frauenquoten – wären denkbar? Schaue dir verschiedene Förderprogramme für Frauen von Unternehmen und Universitäten an (Mentoring-Programme, die „Technikqueen“-Kampagne der OMV u.ä.). Welche Ergänzungen braucht es aus deiner Sicht?
  • Formuliere ein eigenes Förderprogramm für Frauen – etwa zugeschnitten auf ein großes Unternehmen in deiner Region. Diskutiere deine Vorschläge mit den Personalverantwortlichen in diesem Unternehmen.
  • Überlege auch, in welchen Bereichen eventuell spezifische Förderprogramme für Männer sinnvoll und notwendig wären. Denke etwa an die Forderung nach einer Männerquote in Bereichen wie Kindergarten und Volksschulen. Worauf könnte und müsste ein Förderprogramm für Männer im Vergleich zu einem für Frauen abzielen?

Forschungsmethode

Für diesen Beitrag empfehlen wir die folgende Forschungsmethoden:

 

Weitere Infos

Weiterführende kommentierte Quellen, Materialien und Links (Stand Oktober 2016).
  • Heinetzberger E. (2013): Macht Gender Mainstreaming Gleichstellung? Eine Evaluierung eines Teilbereiches des österreichischen Arbeitsmarktes anhand der Beispiele Einkommen und Führungsposition. Frankfurt: Peter Lang. Eine empfehlenswerte, relativ aktuelle und relativ umfangreiche Studie in der viele Themen der geschlechterspezifischen Strukturierung des österreichischen Arbeitsmarktes aufgegriffen werden. Über das Literaturverzeichnis kannst du weitere spannende Literatur zu Einzelthemen finden.
  • Frühwirth K. (2013): Frauen in Führungspositionen in Österreich. Masterarbeit an der WU Wien. Wien.
    Diese Masterarbeit beschäftigt sich vor allem mit Frauen in Führungspositionen von Großunternehmen.
  • Prenner P. und Scheibelhofer E. (2001): Qualifikation und Erwerbsarbeit von Frauen von 1970–2000 in Österreich. Wien: Institut für Höhere Studien (Reihe Soziologie 49). Download unter ihs.ac.at.
    Eine kurze Studie mit einem kompakten Überblick zur Situation in den 1970er bis 1990er Jahren inklusive möglicher Literaturquellen für die Nachkriegszeit.
  • Bundesministerin für Frauen und Öffentlichen Dienst (2010): Nationaler Aktionsplan. Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt. Wien: Bundeskanzleramt. Download unter bmb.gv.at.
    Der Nationale Aktionsplan aus dem Jahr 2010 könnte eine gute Diskussionsgrundlage für deine Arbeit bilden.
  • Bundesministerin für Frauen und Öffentlicher Dienst (2010): Frauenbericht 2010. Bericht betreffend die Situation von Frauen in Österreich im Zeitraum von 1998 bis 2008. Wien: Bundeskanzleramt. Kapitel 2. Bildung, S. 77‒124. Im Kapitel Bildung im Frauenbericht 2010 findest du viele grundlegende Daten und Informationen zu Bildungsstruktur und Schulbesuch ‒ auch im internationalen Vergleich. Schaue dir auch ältere Frauenberichte an, wenn du weiter in die Geschichte zurückgehen willst. Wenn du dich spezifisch für ein Bundesland interessierst, solltest du dir auch die Frauenberichte ansehen, die für das entsprechende Bundesland erstellt wurden.
  • Jakowitsch J. (2013): No Country for Academic Women? Erwerbskarrieren burgenländischer Akademikerinnen. Eisenstadt: Burgenländische Forschungsgesellschaft. (= BFG:STUDIES Band 9). Download unter forschungsgesellschaft.atEin Beispiel für den Verlauf von Erwerbskarrieren von Akademikerinnen im ländlichen Raum.
  • Jakowitsch J. (2010): Bildungsbiographien burgenländischer Frauen. Eisenstadt: Burgenländische Forschungsgesellschaft. (BFG:STUDIES Band 8). Download unter forschungsgesellschaft.atHier kannst du dir abschauen, wie du Interviews zu Bildungsbiographien führen und auswerten kannst.
  • Statistik Austria Auf der Website der Statistik Austria findest die eine eigene Zusammenstellung von aktuellen Karten und Statistiken zum Thema Bildungsstand der ÖsterreicherInnen.
  • STATcube In der statistischen Datenbank STATcube der Statistik Austria findest du Daten, die du selbst weiter bearbeiten und auswerten kannst. Hilfestellung hierzu findest du in unserem Daten-Tutorial.
  • uni:data Datawarehouse Hochschulbereich des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Hier findest du viele Zahlen und Publikationen zu Studierenden und AbsolventInnen an den Österreichischen Hochschulen seit 2001. Es gibt sogar einen eigenen Bereich Gender Monitoring.
  • Uniport Das Karrierezentrum der Universität Wien führt unter seinen AbsolventInnen regelmäßig Befragungen zu ihrem Berufseinstieg durch. Diese geben einen Überblick über die ersten 5 Berufsjahre von ehemaligen Studierenden. Andere österreichische Universitäten erstellen ähnliche „Karriere-Trackings von AbsolventInnen“. Behalte auch im Hinterkopf, dass solche Karrierezentren interessante Ansprechpartner für mögliche Interviews und weitere Informationen sind.
Beitrag: Hannah Fietz, Elisabeth Aufhauser